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Artikel über die seligen Brüder Grelewski

Artikel über die seligen Brüder Grelewski

Biografie der Brüder Grelewski von Klemens-Hogen-Ostlender:

Kasimir und Stefan Grelewski

Die Brüder Kasimir und Stefan Grelewski waren unzertrennlich. Sie besuchten dieselben Schulen und dasselbe Priesterseminar. Sie waren nach der Weihe in derselben Stadt tätig, wurden zusammen verhaftet und beide nach Auschwitz und Dachau deportiert. Dort starben beide auch. Und Papst Johannes Paul II. hat beide 1999 am selben Tag seliggesprochen.

Als Kasimir Grelewski seine Eltern im Mai 1941 in einem Brief den Tod seine älteren Bruders Stefan mitteilt, verwendet er dessen Kosenamen: „Stefcio starb in meinen Armen“. Kasimir weiß in diesem Moment nicht, dass auch sein irdischer Lebensweg am selben Ort enden wird. Am 9. Januar 1942 wird er auf dem Appellplatz des Konzentrationslagers Dachau mit zwei anderen Priestern hingerichtet. Mithäftlinge erlebten so etwas fast alltäglich. Nach dem Krieg sind sich Augenzeugen deshalb nicht mehr sicher,ob die Strafe am Galgen oder durch Erschießen vollzogen wurde. Seit Ende 1940 überstellte die SS alle Geistlichen ihren Konzentrationslagern nach Dachau. Über 2700 Geistliche waren dort bis zur Befreiung de Lagers insgesamt in drei großen Baracken, Blocks genannt, eingekerkert: 95 Prozent Katholiken, vier Prozent evangelische Kleriker sowie 30 Opfer des Nationalsozialismus, die Griechisch-Orthodox beziehungsweise altkatholisch waren und auch zwei Muslime. Rund 1800 Geistliche verloren im KZ ihr Leben. Fast 1800 Polen wurden in den Priesterblock verschleppt. Der Überfall auf Polen hatte das Ziel, die Intelligenzschicht des Landes auszulöschen. Ein großer Teil des polnischen Klerus überlebte das nicht.

Stefan Grelewski erblickte am 3. Juli 1898 in Sarkozy das Licht der Welt. Das liegt heute im südöstlichen Landesteil, in dem beide Brüder bis zu ihrer Verhaftung ihr Leben verbrachten. Damals war die Region russisch besetzt. Der Staat Polen existierte seit der dritten Teilung 1795 und bis nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr. Seine Eltern waren Josef und Eufrazyma Grelewski. Nach dem Besuch von Schule und Gymnasium trat er mit 18 Jahren in das Priesterseminar der Diözese Sandomierz ein und wurde am 12. Oktober 1921 zum Priester geweiht. Ab 1919 studierte er an der Katholischen Universität Lublin Kirchenrecht und schloss es 1924 in Straßburg mit der Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaften fort. Dort nahm er auch Kontakt auf Wirtschaftsemigranten aus seiner Heimat in der polnischen Diaspora auf und widmete ihnen sein pastorales Wirken. 1925 kehrte er zurück nach Polen. Stefan Grelewski wurde Generalsekretär der Gewerkschaft der Christlichen Arbeitnehmer in Radom. Er fungierte als Präfekt der Grundschule und des Gymnasiums für Jungen. Auch als Herausgeber mehrerer katholischer Zeitschriften engagierte sich Stefan Grelewski. Er wurde obendrein Präsident des Verbandes der polnischen Akademiker in Radom, beteiligte sich an der Organisation des ersten Katholischen Kongresses in der Stadt und war anerkannt als der beste Experte auf dem Gebiet der Religion und der religiösen Sekten in Polen.

Kasimir Grelewski wurde am 29. Januar 1907 ebenfalls in Dwikozy geboren. Er besuchte die selben Schulen wie sein Bruder. 1923 trat er in das selbe Priesterseminar wie der ältere Bruder ein und empfing 1929 die Priesterweihe. Er wurde Kaplan in Radom, wo auch Stefan Grelewski als Priester wirkte. Dort arbeitete auch er als Präfekt und Erzieher der Grundschule und des Gymnasiums. Kasimir Grelewski organisierte Sommerlager für Kinder und wirkte an der Mädchenbildung der Vereinigung der heiligen Therese vom Kinde Jesu mit. 1937 bestand er die Prüfung als Pfarrer und nahm 1938 am internationalen Eucharistischen Kongress in Budapest teil. Er wollte Dorfpfarrer werden - doch dazu kam es nicht mehr.

Für beide Brüder kommt stattdessen die wahre Glaubensprobe. Von Kasimir sind Tagebuchnotizen über die ersten Kriegstage im September 1939 erhalten. Bomben fallen auf die Stadt, Panik greift um sich. Menschen sterben, andere stehen Schlange an den Beichtstühlen. Der junge Priester   hat Angst, will mit den Sterbesakramenten zu einem Todgeweihten eilen, gerät in ein Bombardement und wird vorübergehend bewusstlos. „Polen ist noch nicht untergegangen“ trägt er als letztes am 8. September in sein Tagebuch ein. Dann brechen die Notizen ab. Beide Brüder bleiben in Radom. Sie fliehen nicht. Beide wirken weiter als Priester, aber nun im Geheimen, und erteilen auch Religionsunterricht.

Die deutschen Besatzer schließen bald die Universitäten, verhaften die Professoren und beginnen, die ganze polnische Intelligenzschicht zu liquidieren. Auch Stefan Grelewski verliert am 24. Januar 1941 seine Freiheit. Kasimir war gerade bei ihm zu Besuch und kommt ebenfalls ins Gefängnis.
Nur für kurze Zeit einen Monat trennen sich die Wege der Brüder. Stefan wird von der Gestapo gefoltert , bekommt fast nichts zu essen und wird in ein Sammellager in Skarżysko-Kamienna Einen Monat später bringt die Gestapo auch Kasimir aus Radom dorthin. Schon kurz darauf sind beide Brüder auf dem Weg nach Auschwitz gebracht. Von dort schreibt Kasimir noch eine kurze zensierte Nachricht nach Hause, mit der er seine Mutter beruhigen will: „Liebste Mama, Stefan und ich sind gesund. Ich grüße Dich und küsse Deine Hände“. Am 4. Mai 1941 erreichen die Brüder die letzte Station ihres Leidensweges, Dachau. Stefan Grelewski ist durch Hunger und Erschöpfung, durch die Strapazen der unmenschlichen Haftbedingungen so geschwächt, dass er nur noch wenige Tage lebt. Sonntags kamen die Brüder in Dachau an, freitags darauf haucht der Ältere in der Krankenstation des Lagers, auf den Tod vorbereitet von Kasimir, sein Leben aus.
Das Schicksal der beiden Brüder war ein Leben lang verflochten und blieb es bis zum Ende. Kasimir lebt nur neun Monate länger. Er ist ein beliebter Beichtvater der Gefangenen im KZ. Für seine Verfolger fand er Worte der Vergebung. Die SS setzt dort Häftlinge als Kapos eingesetzt, um die Gefangenen zu beaufsichtigen. Das Wort soll vom beschönigenden „Kameradschaftspolizei“ kommen. Eines Tages, so berichtete später der gefangene Pfarrer Piotr Jaroszek, schlägt solch ein Kapo Kasimir so hart, dass der zu Boden stürzte. Er stand auf und machte vor dem Peiniger das Zeichen des Kreuzes wie zum Segen und sagte: „Möge der Herr dir verzeihen.“ Das reizt den Zorn des Kapos noch mehr. Er stürzt sich wieder auf sein Opfer, schlägt es erneut, wirft es wieder auf den Boden und ruft „Ich schicke dich gleich zu deinem Gott!“

Auf dem Weg zur Hinrichtung ruft Kasimir am 9. Januar 1942 seinen Henkern zu: „Liebt den Herrn euren Gott!“. Die Mutter der Ermordeten wartet in Polen noch zwei Jahre lang darauf, ihren jüngeren Sohn heimkommen zu sehen. Sie kann nicht glauben, dass er nicht mehr am Leben ist und stirbt 1948 in Dwikozy.

Das Schicksal von Stefan und Kasimir Grelewski lässt an die Verse aus dem Buch der Weisheit denken: „Die Seelen der Gerechten aber sind in Gottes Hand, und keine Folter kann sie berühren. In den Augen der Toren schienen sie gestorben, ihr Heimgang galt als Unglück, ihr Scheiden von uns als Vernichtung; sie aber sind in Frieden" . Papst Johannes

Paul II. hat das 1999 mit der Seligsprechung beider Brüder bekräftigt. Der Gedenktag von Kasimir Grelewski ist heute, am 9. Januar, der seines Bruders Stefan der 9. Mai.

 

Dwikozy [dviˈkɔzɨ] 

Sandomierz [sanˈdɔmʲɛʃ] 

Skarżysko-Kamienna  [skarˈʐɨskɔ kaˈmʲɛnːa]

Seliger Gerhard Hirschfelder

Seliger Gerhard Hirschfelder

Vereinsmitglied Klemens Hogen-Ostlender schrieb eine Biografie über den immer noch wenig bekannten deutschen Dachaumärtyrer Gerhard Hirschfelder. Seine Zitate bewegen tief und sind wichtige Impulse für unser geistliches Leben.

Seliger Gerhard Hirschfelder, bitte für uns!

Kurze Biografie von Klemens Hogen-Ostlender

Gerhard Hirschfelder

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg war Maria Hirschfelder wegen ihres Sohnes Gerede und Diskriminierung ausgesetzt. Die Schneiderin war nicht verheiratet. Doch Nachbarn und Bekannte standen ihr zur Seite. Die alleinerziehende Mutter bildete sich beruflich weiter, um eine bessere finanzielle Basis für sich und ihr einziges Kind zu schaffen. Ihr gelang es sogar, Gerhard den Besuch der Höheren Schule. zu ermöglichen. Der Junge entdeckte die Berufung, sein Leben als Priester Gott zu widmen und fand Aufnahme im Theologenkonvikt des Bistums Breslau. Seine als Makel empfundene Geburt verzögerte die Weihen zum Subdiakon und Diakon. Der Kandidat musste auf den nötigen römische Dispens warten. Gerhard Hirschfelder ließ sich davon nicht entmutigen: „Herr, wenn man mir auch die äußere Ehre nimmt, ich bleibe doch Kind Gottes, Kämpfer Gottes, Priester Gottes, das kann mir niemand nehmen.“ Schließlich erreichte er ein Jahr vor der Machtübernahme des Nationalsozialismus doch sein großes Ziel. Für sein Primizbild wählte er das Wort „Christus, unser Osterlamm ist geschlachtet, Alleluja.“ Ahnte er bereits, was das in seiner ganzen Fülle und Tiefe für ihn bedeuten konnte?

 

Als Kaplan in Tscherbeney in Niederschlesien gewann der Neupriester vor allem die Kinder und Jugendlichen. Sie kamen lieber zu seinen Gruppenstunden als zu den Jugendverbänden der Partei. Als er ins nahegelegene Habelschwerdt versetzt wurde, traf ihn der tragische Tod seiner Mutter. Wenige Monate vor Kriegsbeginn nahm sie sich in der Neiße das Leben. Letzte Briefe von ihr sind heute nicht mehr erhalten. In einer Biografie über Gerhard Hirschfelder schrieb Hugo Goeke, ehemaliger Theologieprofessor der Universität Münster, später: „Haben Sorgen und Nöte die alleinerziehende Mutter erdrückt? Hat sie unter Missachtung oder unter verweigerter Anerkennung gelitten? Haben unüberwindliches Leid und Angst um den Sohn sie in den Tod getrieben?“

Für den jungen Kaplan war das NS-System mit dem Glauben unvereinbar. Die Gestapo stufte ihn staatsgefährdend ein. Er musste immer wieder Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen und war Ziel von auf ihn angesetzten Spitzeln. In häufigen Vernehmungen hörte er die Drohung, er werde bei weiteren Verstößen gegen die Auflagen abgeholt. Doch als Jugendliche ihn warnten, sagte er: „Kinder, ich kann nicht anders, wenn ich sehe, was sich gegen die Kirche und gegen die Menschenwürde tut, ich muss es von Herzen los werden.“ Kurz nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion zerstörten Mitglieder der Hitlerjugend einen Sandsteinbildstock mit dem Bildnis der Krönung Mariens. Gerhard Hirschfelder sagte am nächsten Sonntag in seiner Predigt auf der Kanzel von Glatz: „Wer der Jugend den Glauben an Christus aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher.”

Kurz vor Weihnachten kam er ins Konzentrationslager Dachau. Auf der so genannten Plantage musste er Schwerarbeit leisten. Dort experimentierte die SS mit der Produktion von heimischen Kräutern. Eins der Ziele war die Entwicklung von sogenannten „Deutschen Pfeffer“. Auch als Häftling verstand Gerhard Hirschfelder sich als Werkzeug in der Hand Gottes. In einem Brief an Verwandte und Bekannte schrieb er: „Ich opfere alles für Euch auf." Den wirklichen seelischen Reichtum kann die Welt nicht erkennen, wusste er. Deshalb könne "ein Christ, besonders ein Priester, ein immer fröhlicher Mensch sein, weil Christus nicht zu töten ist.“

 

Als Paratyphus ihn befiel, ließ ihn ein Aufseher Gerhard Hirschfelder zwei Stunden unter der kalten Dusche stehen. Sein durch die Strapazen des KZ geschwächter Körper konnte sich davon nicht mehr erholen. In seinem letzten Brief standen diese Worte: „Was ist doch alle Welt gegenüber der Herrlichkeit des Himmels, wo es kein Leid, nur Liebe ohne Hass gibt. So wollen wir halt Gottes Willen abwarten und ein starkes ´Ja´ dazu sprechen. Er wird es schon gut machen.“ Gerhard Hirschfelder brach zusammen, kam ins Krankenrevier und starb wenige Tage später. Sein Gedenktag ist der 2. August. Der Leichnam wurde verbrannt, die angebliche Asche wenige Wochen später auf dem Friedhof in Tscherbeney beigesetzt. Seine Todesursache durfte nicht bekanntgegeben werden. An den Orten seines ehemaligen Wirkens wurde er schon bald als heiligmäßig verehrt. Sein Grab ist heute ein Ort des Friedens und der Versöhnung vor allem zwischen Polen, Tschechen und Deutschen. 2010 wurde der mutige Kaplan im Dom zu Münster selig gesprochen. Professor Hugo Goeke sagte in einer Predigt im Gedenken zum Gedenken: „Wenn Sie mich fragen, worin ich die eigentliche Größe von Gerhard Hirschfelder sehe, würde ich antworten: Man nimmt ihm alles, aber er bewahrt seine Würde. Indem er gibt, was man ihm nimmt, reift er geradezu zu menschlicher und christlicher Größe. Das findet Ausdruck darin, dass er seine Zeit im Gefängnis und im Konzentrationslager nicht als eine verlorene Zeit ansieht. Auch diese Zeit ist für ihn gefüllt, erfüllt von segensreichem Leben und Leiden für andere. So reift sein menschliches Leben und Leiden zu höchster Vollendung. Und er erliegt nicht sinnlosem Leben und Sterben. Gerhard Hirschfelder geschundener Leib ist Ausdruck für seine Bereitschaft, den Kreuzweg seines Lebens für andere bis zum Ende zu gehen. o kann sein Kreuzweg zum Erlösungsweg werden für Menschen, die sich an ihm aufrichten. Wer wie Gerhard Hirschfelder seinen Leidensweg annimmt und den leidenden Jesus an seiner Seite weiß, der mag in seinem Leid Erlösungsspuren entdecken, die ihn ermutigen, den Weg zuversichtlich und tatkräftig bis zum Ende zu gehen. So möge unser menschlicher Lebensweg immer auch ein wenig von einem „Hirschfelder-Weg“ an sich haben“.

Verein Selige Märtyrer von Dachau e. V.

 



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