Infos
Artikel von P. Felder - Das Gottvertrauen des seligen Carl Lampert

Artikel von P. Felder - Das Gottvertrauen des seligen Carl Lampert

Dankenswerter Weise dürfen wir den Artikel von P. Dr. Thomas Felder FSO aus der Zeitung Tagespost vom 07.11.2024 hier veröffentlichen. Es fasst das Leben des seligen Carl Lampert zusammen und gibt geistliche Impulse für unser eigenes Leben.

Das Gottvertrauen des seligen Carl Lampert

Am 13. November 2024 jährt sich zum 80. Mal der Todestag des seligen Carl Lampert. Er war der ranghöchste Geistliche, der von den Nationalsozialisten auf gemeinste Weise bespitzelt und schließlich getötet wurde. Er erlebte ein Jahr KZ und dann fast zwei Jahre Einzelhaft mit vielen Verhören vor der Gestapo, mit Drangsalen und Demütigungen. 1894 wurde er in einem kleinen Dorf in Vorarlberg geboren. 1914 maturierte er und entschied sich, Priester zu werden. Während des Erste Weltkrieges studierte er in Brixen Theologie. 1918 wurde er zum Priester geweiht und wirkte dann zwölf Jahre als Kaplan. 1930 schickt ihn der Bischof zum Kirchenrechtstudium nach Rom. Nach fünf Jahren wird er nach Innsbruck gerufen. Im Januar 1939 wird Carl Lampert zum Provikar seines Bischofs Paulus Rusch ernannt. Das NS-Regime hat den Bischof nicht anerkannt. So lag eine große Verantwortung auf dem Schultern des 45-jähringen Lampert. Drei Mal wird er für kurze Zeit ins Gefängnis geworfen, weil er für die Rechte und die Freiheit der Kirche sich einsetzt. Danach folgte das KZ und die Jahre der Haft fern seiner Heimat. Am 13. November 1944 wird er um 16 Uhr durch das Fallbeil in Halle an der Salle hingerichtet.

Eine Stärke des Seligen war sein Gottvertrauen. Es durchzieht wie ein roter Faden sein Leben. Er selber bezeugt noch in seinem Todesjahr: „Die unverdiente Gnade meines unbedingten Gottvertrauens hat mich immer in meinem Leben begleitet und ist in der Hitze und Last dieser meiner Leidensjahre nur noch stärker geworden, je stärker das Leid und die Prüfung auf mich eindrangen. 1943 schreibt er einem Ehepaar aus seiner Zelle: „Und nun hinein mit ganzem Gottvertrauen in das neue Jahr 1943, aus dessen düsterem Dunkel immer zwei gütige Vateraugen entgegen-leuchten. Ihm vertrauen wir, und dann wird es immer ein Jahr des Heils…“. Einen Monat vor seiner Hinrichtung schreib er als zum Tode verurteilter seinem Bruder Julius: „Man greift in solchen Lebenslagen danach, etwa wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm; aber weißt, Julius, neben diesem Strohhalm hab’ ich einen festen, starken Balken, der mich durch das zischende und gurgelnde Gewoge meiner bisher dunkelsten Lebensströmung treibt und auf dem ich fest und unverrückbar sitze. Dieser Balken heißt „Gottvertrauen“... Wenn alles versagt, dies hält“. Sein Gottvertrauen wird immer wieder auf die Probe gestellt. Er erlebt seelische Höhen und Tiefen. Zwölf Tage vor seinem Tod schreibt er: „Ich sitze auf meiner Zelle, meine Gedanken wogen und stürmen und wollen das armselige Gehäuse meines gefangen gehaltenen Leibes fast sprengen; es ist nicht immer leicht, mit allen einstürmenden Stimmungen fertig zu werden“.

Auch er macht die Erfahrung, auf einem Nullpunkt angelangt zu sein. Er schreibt: „Es braucht Herz und Nerven, die von Stahl sind! Es sind allerhand Gemütsdepressionen durchzumachen!“ Aber immer neu kann er in der Kraft des Glaubens an den Auferstandenen Zuversicht und Hoffnung gewinnen. Der Selige kreist trotz seiner elenden Lage nicht um sich. Das Leiden, die Niedergeschlagenheit, schärfen in ihm, wie er bekennt, den „Sinn für das Leid der anderen“.

Die äußere lebensbedrohliche Lage kann ihm das innere Licht nicht nehmen. Er bekennt: „Ich sitze inmitten meines äußeren Elends in der Fülle inneren Lichtes“.

Was waren die Quellen, aus denen er sein Gottvertrauen schöpfte? Es waren vor allem drei. Die wichtigste Quelle ist Gott selbst, dem sich der Selige als Priester geschenkt und sich für die Kirche zur Verfügung gestellt hat. Er spürt in seinem schweren Leid einen „starkem religiösen Unterbau, der Sinn“ stiftet. Er ist überzeugt, dass „nur Gottes Vatergüte und Liebe noch tiefer und höher als alles Leid ist und dass seine Allmacht über jeder Macht steht. Das gibt Licht im Dunkel und Beruhigung in schmerzlichen Stunden“. Gott ist die große und beglückende Wirklichkeit in seinem Leben. Er bezeugt:Am größten aber ist Gott selbst und das Ihm-dienen-dürfen in dieser Zeit! Das ist Trost und. Kraft“. Sein Bekenntnis lautet: „So ist meine Hoffnung auf Menschen gering, dafür mein Vertrauen auf Gott ungeschwächt!“ Carl Lampert ermutigt, Gott zur Mitte des Lebens zu machen.

Eine andere Quelle, die sein Gottvertrauen stärkte, ist sein das Fürbittgebet der anderen. Lampert schreibt: „Ich vertrau’ auch weiterhin unerschütterlich auf Gott und Eure treue Gebetshilfe! Das ist meine Stärke…“. An anderer Stelle bezeugt er seinem Bruder Julius: „Ich freue mich selbst, lieber Julius, dass ich alleweil gesund sein darf und all das seelisch gewiss nicht Leichte einer solchen Lage nun verhältnismäßig ruhig tragen und meistern kann; das alles danke ich dem Himmel und den vielen guten Menschen, die an mich denken“. Carl Lampert ermutigt, an die Kraft des Gebetes anderer Menschen zu glauben und sie um diese Hilfe zu bitten. Eine dritte Quelle für sein Gottvertrauen ist die Eucharistie. An mehreren Stellen seiner Briefe bezeugt er die lebensnotwendige Bedeutung der heiligen Eucharistie. Er schreibt: „Ich darf den Trost, ja das unaussprechliche Glück haben, täglich mein Opfer feiern zu können, still und schlicht auf meinem Zellentisch nach Katakombenart!! Was gab mir das schon Trost und Freude, - und wie oft durfte ich sie auch andern vermitteln!!! Deo gratias!“.

Der Selige zelebrierte so oft es möglich war geheim in seiner Zelle in Einzelhaft. Er bezeugt: „Ein namenloser Trost ist mir die geradezu wunderbare Hilfe Gottes. Denk’ Dir, ich zelebriere fast täglich! Ein Wunder!“ Und in einem anderen Brief schreibt er: „Mein größter Trost ist der Herr und das tägliche Opfer mit und durch Ihn…“.

Gott selbst, das Fürbittgebet vieler anderer und das heilige Messopfer festigen im seligen Carl Lampert immer neu sein Gottvertrauen. In allem leuchtet sein starker Osterglaube durch. Am Palmsonntag 1944 schreibt er: „Mein lieber Bruder Julius! Wie könnte ich Dich heute anders grüßen als mit dem frohen, sieghaften Ostergruß Alleluja! Zwar ist heute erst Palmsonntag und die ganzen schweren Kartage sind noch zu durchleben, aber Ostern leuchtet schon auf und mit ihm, der herrliche Glaube und die unumstößliche Tatsache der Auferstehung und des Lebens nach Leid und Not und Tod. O du seliger Trost, wie glücklich hat Christus uns gemacht!“

Seliger Carl Lampert, erbitte uns einen sieghaften Osterglauben, ein unerschütterliches Gottvertrauen und hilf uns, mitten in den Bedrängnissen unserer Tage die Fülle des inneren Lichtes zu erhalten.

Dr. Thomas Felder FSO

 

Der „Steinerkelch“ aus der Kapelle des KZ Dachau

Der „Steinerkelch“ aus der Kapelle des KZ Dachau

Pfarrer Heinrich Steiner mit dem Kelch aus der Dachauer Lagerkapelle. Foto: Linzer Kirchenzeitung

 

Der „Steinerkelch“ aus der Kapelle des KZ Dachau

Ein Artikel von Klemens Hogen-Ostlender

 

Der Marsch für Märtyrer am 28. September 2024 hat zu einer Überraschung geführt. Durch den Bericht einer Teilnehmerin wurde uns bekannt, dass der ehemalige Häftling Pfarrer Heinrich Steiner nach der Befreiung 1945 einen Kelch aus der Kapelle des Priesterblocks mit in seine österreichische Heimat genommen hat.

Pfarrer Steiners Schicksal ist bedenkenswert:

Steiner wurde am 25. Mai 1907 in Grieskirchen in Oberösterreich geboren. Seine Mutter Maria Steiner heiratete später einen anderen Mann.  Aus dieser Ehe stammten drei Halbgeschwister Heinrichs, der bei seinen Großeltern Matthäus und Theresia Steiner aufwuchs. Nach deren Tod kam der Junge mit elf Jahren zu seiner Mutter. Nach dem Abitur studierte er an der Diözesan-Lehranstalt in Linz Theologie und empfing am 29. Juni 1931 im Dom zu Linz mit 21 anderen jungen Männern die Priesterweihe. Nach einem Jahr als Alumnatspriester im Seminar wurde er Kooperator in zwei Pfarrgemeinden der Diözese Linz und übernahm am Silvestertag 1932 die Provisur in Steinerkirchen am Innbach. Nach knapp zwei Jahren wurde er dort Pfarrer.

Unter seiner Hand blühte neues religiöses Leben auf. Den Nationalsozialisten war sein eifriges Wirken, vor allem in der Jugendseelsorge, verhasst.

Zwei Gestapomänner verhafteten ihn nach einer Werktagsmesse in Steinerkirchen am 4. Oktober 1939.

In einer Niederschrift schilderte Heinrich Steiner den Vorfall später so: „,Sie müssen mit!“, hieß es, „wegen Verstoß gegen Paragraph 127 und 128!´“. Mir wurde also vorgeworfen, homosexuelle Beziehungen zu pflegen mit Jungen aus meiner Jugendgruppe. Dass dies ein Vorwand dafür war, damit ich von Steinerkirchen entfernt werden konnte, um so das Durchdringen des Nazismus leichter zu ermöglichen, war mir klar. Nur durch meine Gefangennahme konnte die Arbeit wirksam unterbunden werden, die die Jugend zusammenhielt.

Der Pfarrer wurde am 20. Februar 1940 nach einer zweistündigen Verhandlung vor dem Landesgericht in Wels für schuldig befunden und zu einem Jahr schwerem Kerker mit zwei Fasttagen verurteilt. Unter Anrechnung der Untersuchungshaft sollte er am 4. Oktober 1940 freigelassen werden.

Stattdessen kam er aber vier Tage später ins Konzentrationslager Dachau.

Kurz darauf ließ die Lagerleitung für die Geistlichen eine Kapelle im Priesterblock 26 einrichten. Die Hauptlast der Arbeit mussten die Lagerkapläne dort an einen ebenso tüchtigen wie zuverlässigen Mitbruder übergeben. Das war Pfarrer Heinrich Steiner. Er wurde als "fromm, selbstlos, tüchtig und voll Eifer" geschildert, selbst in der Plantage im körperlich harten Arbeitseinsatz war er ein unermüdlicher und geschätzter Arbeiter. Viereinhalb Jahre Haft unter unmenschlichen Bedingungen musste Steiner erdulden.

Am 26. April 1945 konnte er das KZ endlich verlassen – allerdings nicht in die Freiheit, sondern auf dem größten von mehreren Evakuierungsmärschen, die tausende ausgemergelte Häftlinge durch Erschöpfung oder Erschießungen am Wegesrand noch das Leben kosteten. Fast 7.000 Männer wurden kurz vor der Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen an diesem Tag in Richtung Süden getrieben, das Gros über Gauting und Starnberg am Starnberger See vorbei bis in die Gegend um Bad Tölz. Heinrich Steiner berichtete, dass er für den vier Tage langen Marsch als Proviant ein halbes Brot und eine Wurst bekam. In einer Gruppe von etwa 90 Geistlichen machte er sich auf den Weg ins Ungewisse und nahm auf einem Leiterwagen auch den Kelch aus der Lagerkapelle mit. Die tatsächliche Befreiung kam dann m 30. April für die noch 33 übriggebliebenen Mitglieder der Gruppe in Schaftlach nördlich des Tegernsees.

Am nächsten Tag machte der dortige Pfarrer der Bevölkerung bekannt, dass eine Anzahl Priester aus Dachau eingetroffen sei. Die Leute nahmen sie auf und versorgten sie, bis ihre Heimreise möglich wurde. Heinrich Steiner blieb bis Ende Mai 1945 in Schaftlach.

Mit seinem Kameraden Franz Breitenberger trat er dann die Heimreise an. Der Kapuzinerpater aus Eichstätt war von Beruf Schreiner und hatte 1943 einen Osterleuchter und mehrere Altarleuchter für die Kapelle des Priesterblocks gedrechselt. Wie die beiden die 15 Kilometer bis Rottach am Tegernsee zurücklegten, ist unklar. Dort stellte ihnen der Bürgermeister eine Genehmigung für die Überlassung zweier Pferde samt Geschirr und Wagen aus. 

Am 6. Juni 1945 kam Heinrich Steiner mit seinem Begleiter in Steinerkirchen am Innbach an.  Aus tiefer Dankbarkeit und Freude wurde am nächsten Tag in der Pfarrkirche ein Dankgottesdienst mit Te Deum gefeiert.

Ein halbes Jahr später nahm die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen folgende Niederschrift von Pfarrer Heinrich Steiner auf:

„Meine Verurteilung beim Landesgericht Wels am 20. 2.1940 hatte politische Motive zur Ursache. Die Verurteilung nach dem Strafgesetz erfolgte auf Grund einer äußerst aufgebauschten, zum Teil sogar unwahren, Anzeige aus nat. soz. Kreisen in Kematen. Wäre daran etwas gewesen, wäre ja ohnehin die kirchliche Behörde gegen mich eingeschritten. Ich möchte übrigens in dieser Angelegenheit nicht mehr viel sprechen, da sie meines Erachtens ein großes Unrecht bedeutet, dass mir angetan worden ist. Deswegen habe ich auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens, um nicht alte Wunden aufzureißen, nicht mehr angestrebt. Ich habe mich hierüber auch mit dem bischöfl. Ordinariat beraten“.

Heinrich Steiner war ein großer Marienverehrer. In Steinerkirchen fanden damals deshalb Wallfahrten zur Gnadenmutter „Maria Rast“ statt. Ein besonderes Anliegen war dem Pfarrer außerdem die Feier der Fatima-Wallfahrt an jedem 13. eines Monats von Mai bis Oktober.

1988 wurde Heinrich Steiner mit einer schweren Krankheit in das Krankenhaus Grieskirchen eingeliefert. Da er seine Tätigkeit als Pfarrer danach nicht mehr ausüben konnte, wurde er anschließend im Marienheim Gallspach aufgenommen.

Am 8.Juni 1989 starb Konsistorialrat Pfarrer Heinrich Steiner dort an einer Lungenentzündung.

Sein Kelch befindet sich heute noch in der Pfarrgemeinde Steinerkirchen und wird für Gedenkmessen manchmal auch verwendet. Einmal kam er sogar wieder nach Dachau. 2018 reisten 150 Gläubige aus Oberösterreich zur dortigen Gedenkstätte. Mit dem Kelch wurde im ehemaligen Konzentrationslager eine Messe im Gedenken an die mehr als 900 Oberösterreicher gefeiert, die dort inhaftiert waren. Mehr als ein Drittel von ihnen starb im KZ oder in einem anderen Konzentrationslager, in das sie weitertransportiert wurden.

Als die Linzer Kirchenzeitung über die Reise berichtete, schrieb ein Pfarrer namens Franz Benezeder in einem Leserbrief: „Das Bild vom ­Dachauer Kelch auf der Titelseite der Kirchenzeitung berührt mich zutiefst und ruft meine Erinnerungen an ­einen besonderen Menschen und Priester hervor, der mein Heimatpfarrer in Steinerkirchen am Innbach war. Wir verdanken Pfarrer Steiner, dass dieser Kelch als kostbares Zeugnis nun im Besitz unserer Diözese ist. Wenn mir Pfarrer Steiner den Kelch zeigte, spürte ich, was dieser Kelch ihm bedeutete. Was er aber öfters betonte, war, dass der Glaube, wie das Vertrauen in die Gottesmutter und eben die Feier der hl. Messe, ihnen Kraft gaben, durchzuhalten und zu überleben. Eine Konsequenz seiner Erfahrungen war, dass man nie ein böses Wort über andere Menschen aus seinem Mund hörte. Dieser Kelch steht für mich ganz besonders für das Zentrum unseres Christseins, für die Hingabe Jesu seines eigenen Lebens und ist zugleich Aufruf, aufzustehen gegen Hetze und Hass. Pfarrer Steiner ist und bleibt für mich ein Heiliger“.

 

 

Verein Selige Märtyrer von Dachau e. V.

 



Um finanzielle Unterstützung wird gebeten.

Spendenkonto
DE54 7005 1540 0280 8019 29
BYLADEM1DAH

Gefördert durch: