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Hiermit beginnt eine neue Reihe von Beiträgen an diesem Ort.
Auf einige Fragen, die immer wieder an uns herangetragen werden, wird eine Antwort versucht. Dabei sollen bisher wenig berücksichtigte Argumente und Zitate aus unserer Sicht in die allgemeine Diskussion des Gedenkens eingebracht werden:
Warum wurde die Opfergruppe der Geistlichen und der Märtyrer unter den Geistlichen und Laien, besonders des Heiligen P. Titus Brandsma und der Seligen Märtyrer von Dachau bisher so selten genannt, warum ist diese Opfergruppe so wenig wichtig für die ganze Gedenkstätte?
Heutzutage - in einem freien Land - muss nach meiner Auffassung Märtyrerverehrung am Ort des Todes und der letzten Ruhe der Märtyrer möglich sein. Dieser Meinung waren auch ehemalige Häftlinge des KZ Dachau:
„Ich lasse mich deshalb etwas länger darüber aus, weil ich sehr oft der seltsamen Verbissenheit begegnet bin, mit welcher manche die besondere Verfolgung der Priester bestreiten. Das waren vorwiegend deutsche politische Häftlinge. In den Gesprächen mit ihnen (denn einige von ihnen verhielten sich mir gegenüber gut) konnte ich häufig eine gewisse Befürchtung, ja Angst davor feststellen, wir könnten als Märtyrer angesehen werden, die für ihren Glauben litten.“[1]
Wer damit nichts anfangen kann, der kann am Block 26, der Todesangst Christi-Kapelle und dem christlichen Aschegrab vorbei gehen, wie am jüdischen Gedenkort in der Gedenkstätte.
Zitate von geistlichen Häftlingen zu den obigen Aussagen:
„Dachau ist der größte Martyrer- und Priesterfriedhof der Welt, ein Mahnmal zur Besinnung, wohin die Welt kommt ohne Gott.“[4] Pfr. Richard Schneider
„Eine Pflicht der Dankbarkeit ist es, ihre Namen im Priesterbuch zu nennen.“[5] P. Lenz, Weiler meint damit die Helden und Märtyrer, umso mehr kanonisierte, damit „geprüfte“ Märtyrer, Hl. und Sel.
„Und trotzdem besteht die Pflicht, Zeugnis abzulegen. … Es besteht somit die Pflicht, zu informieren und die historische Wahrheit zu überliefern. … Das Zeugnis, auch wenn es klein ist, kommt in die Schatzkammer der Kirche, der Kirche, die in der Heimat und gleichzeitig universal ist. … Sie waren – wie es Märtyrer immer sind- Zeugen. Wie könnte man es wagen, von ihnen kein Zeugnis abzulegen, vor allem dann, wenn man durch die Barmherzigkeit Gottes etwas gesehen hat und noch am Leben ist. Das bedeutet doch wohl, dass es höchste Zeit ist für das Zeugnis-Bekenntnis.“[6]
„Es soll kein Mensch und kein Ereignis aus der Vergangenheit vergessen werden. So sind wir auf ein christliches Europa zugetreten, das heute neu ersteht (03.08.1993) „Wir wollen uns also“ – wie uns der Apostel ermahnt- uns von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten.“ (Eph 4,15)“[7]
„Wieviel Gnade und Segen von hier ausgegangen ist, wird einst der Tag der Ewigkeit enthüllen. Sie war Wallfahrtskirche der größten Priestervereinigung der Welt. Sie war überdies auch der einigende und reinigende Sammelpunkt für das gesamte Völkerchaos in dem Lagerleben von Dachau. All diese Herrlichkeit an Segen, Kraft und Geist entströmte dem Tabernakel.“[8]
„Heiliger Raum! Was hat er uns Priester bedeutet! Was dem ganzen Lager! Wie viele Menschen aller Nationen hat er geheiligt durch Christus, den König aller Heiligen! Wieviel Tränen der Reue, Not und Buße, der Liebe und des Trostes hat dieser heilige Boden getrunken! Heiliger Raum! Du hast die Hölle von Dachau langsam für Gott zurückgewonnen, viele Stunden voll Himmelsglück uns bereitet, viele verirrte Schäflein Christi zur Herde zurückgeführt. Und wer nicht Einlass finden konnte, zu dem kam Christus selbst hinaus, getragen von seinen Priestern! – Christus in Dachau!“[9]
„Christus vincit!“ – Christus siegt!“ Dieser herrliche Hymnus der Kirche Christi erbraust zum ersten mal im neuen Heiligtum. – Vergessen ist alle Not. Er selbst ist ja bei uns, der Herr, unser Gott. Mag die Hölle auch toben, …Christus siegt!“ Widerstand durch Gottesdienstfeier! [10]
„Hier opferten wir mit der Opferschale des Priesters täglich aufs Neue das schwere Opfer unserer Lagerhaft – bereit zum letzten Opfer, wenn Gott es will.“[11]
Leonard Roth, überlebender Häftling und danach Seelsorger im Lager der SS-Männer und im Lager der Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, forderte auf dem Gelände des früheren KZ Dachau ein „religiöses Denkmal“ um von der „vielfach beklagten 'Karnevals-Atmosphäre' … zu befreien und aus dem 'Treffpunkt von Touristen' einen Ort der Stille und Besinnlichkeit, des Gebets und der Sühne zu machen.“ [12]
Kardinal Kozlowiecki, ehemaliger Häftling im Priesterblock, sprach bei der Weihe der Todesangst-Christi-Kapelle:. Er berichtete von der Aussage eines Wächters, nach dem Grund für die Haft gefragt: „Weil ihr eine andere Weltanschauung habt, die uns nicht gefällt.“[13]
Der österreichische Altbundeskanzler Leopold Figl sprach bei gleicher Gelegenheit aus eigener Erfahrung von der „Tröstung und Stärkung… und der Vereinigung mit dem Leiden Christi“, die gequälte Gefangene in der Lagerkapelle, im Block 26 empfingen.[14]
Eine Definition des Begriffes Sühne, wie sie die gefangenen Priester sahen, ist bei P. Löwenstein, Gefangener im Priesterblock und Sakristan der Kapelle im Block 26 zu finden: „Sühne ist das Angebot dessen, der voll Versöhnlichkeit dem Täter die Schuld vergeben hat und ihm die Sühne anbietet als eigenen Beitrag im Prozess der Versöhnung. Sühne ist ein Geschenk an den, der sich versöhnen lassen möchte und von Gott nicht zum reinen Objekt der Vergebung degradiert wird. So hat das Volk Israel den Versöhnungsritus nie als etwas von Menschen Gemachtes, sondern immer als von Gott gnädig Gegebenes gesehen. Diese Sühnung ist in Jesus ein für alle Mal geschehen und der Glaubende kann an ihr Anteil haben, indem er sich in glaubendem Vertrauen an die Seite dessen stellt, dessen Herz am Kreuz durchbohrt wurde.“[15]
1989 predigte Bischof Majdanski in der Todesangst-Christi-Kapelle aus Anlass des 50. Jahrestag des Einmarsches der deutschen Truppen in Polen, bei der Messe am 27.06.1989. Er erinnerte an den seligen polnischen Bischof Michal Kozal:
„Wir verkünden also zuerst, dass diese Stelle heilig ist! Sie ist heute auch als heilig markiert: Hier ist die Todesangst-Christi-Kapelle, hier befindet sich eine protestantische Kapelle und ein jüdischer Tempel, hier befindet sich der Karmel Heilig Blut. Und das alles mit vollem Recht, da hier gefoltert wurde und viele Menschen den Tod fanden….“[16] „Hier wurden die Bekenner Jesu gefoltert und fanden oft den Tod. Wir glauben, es waren Märtyrer Gottes. Also erinnert diese Stätte an die römischen Katakomben und an das römische Kolosseum. … Hier war die Stätte der heroischen Überwindung 'des Bösen durch das Gute' (Röm 12,21); des Abgrundes des Bösen durch die Gewalt des Guten; des schrecklichen Bildes des Hasses durch die Unendlichkeit der Liebe. Hier war die Stätte innigen Gebetes – derjenigen, die starben und derjenigen, die noch lebten, obwohl auf Schritt und Tritt der Tod ihnen folgte… Hier fand im geheimen die Eucharistiefeier statt und hier Verkündigung des Wortes Gottes, auch um den Preis blutiger Schläge. … Hier, wo eine einzigartige Priesterweihe stattfand, vollendet sich das Lebensopfer derjenigen, die für die Treue der Berufung starben… “ Weiter sprach er: „Man darf hier in Dachau beten an der Stelle, wo der Märtyrerbischof am 26.01.1943 in die Seligkeit einging [der selige Bischof Michal Kozal ist gemeint] … wie der Krakauer Kardinal kurz vor seiner Wahl zum Papst [gemeint ist der spätere heilige Papst Johannes Paul II., der kurz vor seiner Wahl zum Papst die Gedenkstätte besuchte. Es existiert ein Foto, das ihn vor der Todesangst-Christi-Kapelle zeigt] ... wie so viele – gestern, heute und morgen. Man darf an dieser wirklich heiligen Stätte beten. Man darf und soll zu dieser heiligen Stätte pilgern.“ [17]
Dazu ein Bericht eines Häftlings über das Sterben des seligen P. Giuseppe Girotti am 01.04.1945 im Revier. Es war der Ostermorgen in diesem Jahr, an dem er durch eine Spritze ermordet wurde. „Ein Kamerad schrieb am Todesort auf das Brett über seiner Schlafstelle:„Hier schlief der heilige Giuseppe Girotti.“
[1] Kozlowiecki, Adam, SJ, Not und Bedrängnis, Regensburg 2016, S. 288
[2] Adam Kozlowiecki SJ, Not und Bedrängnis, als Jesuit in Auschwitz und Dachau, Lagertagebuch, 1967, deutsch: Regensburg 2016
[3] Der selige Stefan Wincenty Frelichowski
[4] Richard Schneider in, Balling, eine Spur der Liebe, S. 258
[5] WEILER, Eugen, Die Geistlichen in Dachau, Mödling 1971S. 88
[6] MAJDANSKI, Kazimierz, Ihr werdet meine Zeugen sein…, 1995 Mittelbiberach, Maria aktuel,l S. 199f
[7] Majdanski, a.a.O. S. 208
[8] LENZ, Johannes M., Christus in Dachau, 10. Auflage Wien 1960 (Aufzeichnungen ab Juni 1945 auf Bitten Papst Pius XII niedergeschrieben, wiederholt aufgelegt), S. 173
[9] Lenz, a.a.O,. S. 163
[10] Lenz, a.a.O., S. 74
[11] Lenz, a.a.O., S. 159
[12] Neuhäusler, Dr. Johannes (1888-1973), Weihbischof von München, Wie war das im KZ Dachau? Ein Versuch der Wahrheit näher zu kommen, Dachau 1996, S. 70
[13] Neuhäusler, a.a.O., S. 76
[14] Neuhäusler, a.a.O., S. 75
[15] P. Martin Löwenstein, Andere Zeiten Magazin 2/2014, S. 21
[16] Majdanski, a.a.O. S. 185
[17] Majdanski, a.a.O. S. 185
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